“Easy going” vs “Taking care”

Freitag Abend. Heimfahrt in der BOB (BayerischeOberlandBahn). Wochenende here I come!

In Bad Tölz (eine Station vor meinem “Zielflughafen”) höre ich “Hausham? Da sind sind im falschen Zug.” (Hätte man vor einer halben Std in Holzkirchen umsteigen müssen). Ich denke mir “Arme Sau – jetzt fährst erst mal wieder zurück – oder du kennst hier jemanden der dich fährt – Ist mir aber wurscht – denn ICH bin gleich daheim. HA-HA!”.

Der Zug steht noch – ein junges asiatisches Mädchen das gerade ins Teenageralter eingetreten sein muss läuft etwas hektisch herum und spricht mich dann an “schuldi-gung – Hausham?”
Ohoh. “Hm tut mir leid, falscher Zug, steig schnell um in den Zug am anderen Gleis. Du musst zurückfahren.” Verzweifelter Blick ihrerseits. “ik ver-stehe nicht?”
Oh verdammt – kurzer Versuch in Englisch – nada. Noch maximum 2-3min bis der andere Zug fährt. Oh – scheiße – das bekomme ich jetzt nie erklärt. Die Hoffnung stirbt zuletzt: Noch ein Versuch es ihr zu erklären. Auch die Taxioption versteht sie natürlich nicht.

Option A) Schultern zucken, mich nicht weiter kümmern, das Mädel bis nach Lenggries fahren lassen (wo sie nicht weiter von Hausham weg sein könnte) und gleich daheim sein (also ich – sie sicher nicht). Ist ja schließlich nicht mein Kind.
Option B) Zusammenpacken, das Mädel in den anderen Zug setzen und hoffen, dass mich irgendwer fahren kann (oder dass diesmal wenigstens Taxis da sind) weil MEIN Zug dann ganz sicher weg ist.

Ich habe Hunger, Ich will heim! Ach Scheiße.

Ich klappe mein Notebook zu und packe meine Jacke, der Zug muss gleich losfahren! Meine Sitznachbarin mustert die Situation wortlos mit undeutbarem Blick. Wir dürften noch maximal eine Minute haben bis der andere Zug fährt. Ich laufe mit der kleinen im Schlepptau durch die Unterführung und höre meinen Zug abfahren. Resignation +1.

Schnell das Mädchen in den anderen Zug geschafft und ihr den Plan an der Wand gezeigt an dem sie sieht, wo sie jetzt ist und wo sie hin muss (angemerkt, ich stehe dabei IM Zug). Die Motoren heulen auf – ich rufe einer Frau zu, sie soll BITTE die Tür aufhalten, ich muss hier noch raus! Dankenswerterweise tut sie das auch (10-15s bis der Zugführer ernsthaft sauer wird). Das Mädchen scheint zu begreifen, ich springe aus dem Zug, die Türen schließen, das Mädchen winkt dankbar und der Zug fährt, ich bin am Bahnsteig – an dem Bahnsteig an den ich eigentlich nicht will. Resignation +2.

Rücklichter eines Zuges können sehr frustrierend sein. Ich hoffe, dass sie wenigstens begriffen hat was sie tun muss.

Ich erkläre der etwas verwirrt dreinschauenden Frau die die Tür aufgehalten hat die Situation.

“Oh”
“Genau – oh.”
“Na der Schaffner wird’s ihr dann erklären. Kommt Sie jemand abholen?”
“Mich?” (resigniertes Lachen) “Nein – ich hoffe ich erreiche jemanden, aber ich konnte die Kleine ja jetzt nicht sitzen lassen. Zur Not muss ich ein Taxi nehmen – wenn eins da ist.” Für 45min Fußmarsch bei Graupelschauer sind meine Schuhe nicht ausgelegt. (Resignation +3). Dass der Fahrplan umgestellt wurde und ich nicht eine ganze sondern “nur” eine halbe Std auf den nächsten Zug warten müsste entfällt mir in dem Moment.

Sie schaut mich an, ich zücke das Handy um mir eine Fahrgelegenheit zu suchen.
“Kommen Sie, ich fahr’ sie Heim”
“Äh, was?”
“Ja, kommen Sie. Sie haben was Gutes getan, jetzt tu’ ich was Gutes und bring’ sie Heim.”
“Äh – Danke!”
Ich bin angemessen überrascht. Als sie mich zuhause absetzt bedankt sie sich bei mir.
Etwas verwirrt gehe ich in die Wohnung. Und gerade mal 5min später als bei Option A .

One thought on ““Easy going” vs “Taking care””

  1. Wow! Coole Sache muss ich sagen. Da sollte sich einige Leute – vor allem in München – mal eine Scheibe abschneiden!

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